Die Kundenkommunikation (Kapitel 1)
Montagmorgen. Mark Moosmann liest Zeitung. Und ärgert sich zum x-ten Mal über das Kleingedruckte. Das buchstäblich Kleingedruckte wohlgemerkt. „Warum muss diese Schrift immer so winzig sein?!", sagt er wütend zu seiner Kaffeetasse. „Das kann man ja kaum lesen!"
Wahrscheinlich hatte der Augenarzt doch Recht, denkt er zerknirscht und erinnert sich an seinen Sehtest. Eigentlich war er sich seiner Sache ganz sicher gewesen, als er die Zeichen vorlas, die der Arzt an die Wand projizierte: „3, 7, 2, 4, 9." Bis sich der Doktor räusperte und sagte: „Verzeihen Sie, Herr Moosmann, aber es handelt sich um Buchstaben." Dann hat er ihm eine Brille verschrieben. Mark jedoch hat es immer wieder aufgeschoben, mit dem Rezept zum Optiker zu gehen. Jetzt aber siegt die Vernunft endlich über die Eitelkeit: Er kramt die Verordnung heraus und macht sich auf den Weg.
„Guten Tag, ich brauche eine Brille", sagt er zu der Optikerin, die ihn im Brillenfachgeschäft „Adlerauge" freundlich begrüßt. „Dann schauen Sie sich doch einfach um", rät sie ihm, „und wenn Sie Fragen haben, sagen Sie Bescheid."
Mark tut, wie ihm geheißen, und schlendert durch den Laden. Vorbei an Brillen mit Rand und ohne, aus Metall und Kunststoff, in verschiedenen Formen und unzähligen Farben. „So viele Modelle!", denkt er. „Und irgendwie alle schön."
Auf seiner eigenen Nase kann er sich hingegen keins davon vorstellen. Also beginnt er zu probieren. Erst eine große, runde Brille; dann eine kleine, eckige; dann eine feuerrote; dann eine meerblaue ...
Schon bald verliert er den Überblick. Verzweifelt sucht er die Optikerin, die aber gerade mit einem anderen Kunden spricht. Mark wartet. Um sich die Zeit zu vertreiben, probiert er weiter. Als die Dame schließlich zu ihm kommt, liegen 17 Modelle vor ihm auf dem Tisch.
„Welches ist denn Ihr Favorit?", fragt sie.
„Keine Ahnung", antwortet er, „vielleicht diese grüne - äh, wo ist sie noch gleich? Ach, hier! Nein, das ist ja die türkise. Die ist aber auch nicht schlecht. Wobei - vielleicht lieber eine aus Metall? Die hier in mattem Silber. Oder besser die in Gold? Oder doch eine ganz ohne Rand?" Hilflos sieht er die Optikerin an. „Was würden Sie denn sagen?"
„Nun ja, das ist natürlich Geschmackssache. Die Brille muss schließlich Ihnen gefallen. Und es ist ja auch eine Preisfrage."
„Stimmt", erinnert sich Mark. „Und da ich mich ohnehin nicht entscheiden kann, zeigen Sie mir doch mal Ihre günstigsten Modelle."
Schließlich wählt er ein schlichtes Metallgestell, das ihm als das kleinste Übel erscheint. „Vielleicht reicht es ja, wenn ich das Ding nur zu Hause trage", versucht er sich nach einem kritischen Blick in den Spiegel zu trösten. „Oder", schießt es ihm plötzlich durch den Kopf, „vielleicht komme ich doch noch eine Zeit lang ganz ohne Brille aus." Entschlossen gibt er der Optikerin das Gestell zurück und sagt: „Ich werde das noch einmal überschlafen. Vielen Dank für Ihre Mühe und auf Wiedersehen!"